Dr. Siegbert Tarrasch (1862 - 1934), erfolgreicher deutscher Großmeister um die Jahrhundertwende, Weltmeisterherausforderer von 1908.
Tarrasch wurde am 05.03.1862 in Breslau geboren. Er lernte mit 15 Jahren relativ spät das Schachspiel. In Nürnberg 1883 gewann er sein erstes Turnier. In der Zeit zwischen 1889 und 1903 war Tarrasch der erfolgreichste Turnierspieler der Welt, er gewann die großen Turniere in Breslau 1889, Manchester 1890, Dresden 1892, Leipzig 1894, Wien 1898 und Monte Carlo 1903, bei denen jeweils ein großer Teil der damaligen Weltelite versammelt war.
Nach seinem Sieg im Breslauer Turnier 1889, galt Tarrasch neben dem alternden Weltmeister Wilhelm Steinitz als bester Spieler der Welt. 1891 beging er einen großen Fehler, als er die Einladung des Schachklubs Havanna ablehnte, dort einen Weltmeisterschaftskampf mit Steinitz auszutragen, der zweifellos schon nicht mehr im Vollbesitz seiner schachlichen Kräfte war.
Die eigentlichen Gründe für seine Ablehnung sind nicht bekannt. Tarrasch selbst schob berufliche Unabkömmlichkeit vor. Angeführt wurde auch, dass Tarrasch die lange Schiffsreise über den Atlantik scheute.
Tarrasch war niemals "Profi" im heutigen Sinn, sondern betrieb zunächst in Nürnberg und dann in München eine Arztpraxis und widmete all seine Freizeit dem Schach. Er lebte für das Schachspiel und schrieb einmal: "Ich habe ein leises Gefühl des Bedauerns für jeden, der das Schachspiel nicht kennt".
Seine besondere Vorliebe galt der lehrtheoretischen Weiterentwicklung des Schachs. In den Werken "300 Schachpartien", "Die moderne Schachpartie" und "Das Schachspiel" legte er in systematischer Form seine auf Steinitz beruhenden Gedankengänge dar. Für ihn gab es immer nur einen richtigen Zug in der Stellung. Von ihm stammt auch der fundamentale Lehrsatz: "Die Türme gehören hinter die Freibauern, hinter die feindlichen, um sie aufzuhalten, hinter die eigenen um ihr Vorgehen zu unterstützen". Obwohl die von ihm gelehrten Spielgesetze insgesamt progressiv waren, machten sich seine übertriebenen Verabsolutierungen für die dynamische Führung des Kampfes hemmend bemerkbar.
In Zweikämpfen besiegte er überlegen starke Meister wie Taubenhaus 1891 mit 6½:1½, Walbrodt 1894 mit 7½:½ und Frank James Marshall 1905 mit 12:5.
1908 forderte Tarrasch seinen Landsmann, den Weltmeister, Dr. Emanuel Lasker zum einzigen offiziellen Weltmeisterschaftsfinale zwischen zwei deutschen Spielern in München und Düsseldorf heraus. Nach seiner klaren Niederlage wurde seine psychische Kraft gebrochen. Er wurde 8:3 und vier Remisen geschlagen. Und obwohl er noch bis 1928 an vielen internationalen Turnieren teilnahm, gewann er nie wieder ein Turnier, und ein zweiter Wettkampf gegen Lasker 1916 ging noch deutlicher mit ½:5½ verloren.
Im Hinblick auf den Traum von der Weltmeisterschaft war der Wettkampf von 1908 gegen Lasker der entscheidende Knick in Tarrasch Karriere. Tarrasch liebte es, mit recht großen Schachfiguren zu spielen. Nach einem Abtausch stellte er die geschlagenen Steine nicht zur Seite, so dass er während des Spiels immer "alle Hände voll" zu tun hatte. Trotzdem empfahl er, sich während der Partie auf seine Hände zu setzen, um sie dadurch an übereiltem Eingreifen zu hindern.
Tarrasch starb am 17.02.1934 in München.

Home